#otd1945.05.29
Weitersterben

Am 29. Mai 1945 starb Josef Dvořáček im Tuberkulosehospital in Blankenhain nahe Weimar. Der 44-jährige Tscheche war seit 1939 im KZ Buchenwald inhaftiert gewesen. 1944 war er dort an Tuberkulose (TBC) erkrankt.

In den Konzentrationslagern stand TBC unter den Mangelerkrankungen an erster Stelle. Im KZ Buchenwald litt 1944 etwa jeder Zehnte an ihr. Die Behandlung und notwendige Isolation der ansteckenden TBC-Kranken stellten die amerikanischen Befreier vor besondere Herausforderungen.

Im DP-Camp Buchenwald – wie das befreite Lager nun hieß – kümmerten sich seit Ende April 1945 die Ärzte und Sanitäter des 45th Evacuation Hospitals um die Kranken. Eine ihrer Hauptaufgaben war es, die Verlegung der TBC-Kranken in die ehemalige Landesheilanstalt in Blankenhain zu organisieren. Sie diente nun als Tuberkulosehospital.

Die Verlegung begann Anfang Mai. Das Krankenhaus bestand auch nach dem Besatzerwechsel im Juli 1945 weiter. Viele Überlebende wurden dort über Monate – teilweise bis 1946 – behandelt, bevor sie in ihre Heimat zurückkehren konnten oder in andere Sanatorien verlegt wurden.

Doch auch in Blankenhain ging das Sterben weiter. 265 Buchenwald-Überlebende starben in den Monaten nach der Befreiung. Wie Josef Dvořáček wurden sie auf dem Friedhof in Blankenhain beerdigt.

Die an TBC erkrankten befreiten Häftlinge des KZ Mittelbau-Dora brachte die UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Administration) – eine Hilfsorganisation der UN – ab Mai 1945 in verschiedene Sanatorien nach Sülzhayn unweit Nordhausens. Einer von ihnen war der 17-jährige Jan Imich. Im Februar 1945 war er mit einem Räumungstransport aus dem KZ Groß-Rosen nach Dora gekommen. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits so geschwächt, dass er nicht mehr zur Arbeit eingesetzt wurde. Anfang Juni 1945 brachte ihn die UNRRA nach Sülzhayn. Sechs Wochen später verließ er auf eigenen Wunsch das Sanatorium und kehrte in seine Heimat zurück. Später erinnerte er sich: „Mein Gesundheitszustand verbesserte sich zusehends und gegen Ende Juli erfuhren wir von den Russen, dass sie einen Transport nach Polen organisiert hatten […]. Einige schwerwiegendere Fälle wurden zurückgelassen.”

Viele Kranken mussten hingegen mehrere Monate in Sülzhayn behandelt werden. So auch der Pole Josef Behagen, der dort acht Monate blieb, bevor er 1946 in das DP-Camp Bergen-Belsen kam. Da er immer noch an den gesundheitlichen Folgen der Haft litt, wartete er noch Jahre auf seine Ausreise.

Auch in Sülzhayn überlebten viele Deportierte trotz der intensiven medizinischen Pflege die Wochen und Monate nach der Befreiung nicht. Mehr als 30 namentlich bekannte Häftlinge starben in den dortigen Sanatorien. Hinzu kamen etwa 20 Zwangsarbeiter/-innen aus der Region. Sie wurden nach der Befreiung ebenfalls zur Behandlung nach Sülzhayn gebracht und starben an den Folgen der Tuberkulose. Die mehr als 50 Toten liegen auf dem Friedhof in Sülzhayn begraben. Seit 1947 erinnert ein von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes aufgestelltes Mahnmal an sie.

(Anett Dremel und Michael Löffelsender)

Quelle: Erinnerungen von Jan Imich, September 1998 (KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora).

Literatur: Jens-Christian Wagner, Ellrich 1944/45. Konzentrationslager und Zwangsarbeit in einer deutschen Kleinstadt, Göttingen 2009.