#otd1945.04.26
Überreste des Grauens
Nach der Befreiung des Hauptlagers Dora des KZ Mittelbau richteten die amerikanischen Militärbehörden auf dem dortigen Gelände ein DP-Camp ein. Die Abkürzung DP stand für Displaced Persons: Menschen, die während des Krieges nach Deutschland verschleppt worden waren. Neben einigen Hundert befreiten KZ-Häftlingen wurden nun in Dora überwiegend ehemalige Zwangsarbeiter/-innen aus ganz Europa untergebracht und versorgt.
Auch Emile Senden wartete in Dora auf die Rückkehr in seine Heimat. Der Belgier hatte bis zur Ankunft der US-Armee in den Dessauer Junkers-Werken Zwangsarbeit verrichten müssen. Nach der Befreiung schlug er sich zu Fuß bis nach Sangerhausen durch. Von hier brachte ihn ein LKW nach Nordhausen.
Seine Zeit im DP-Camp dokumentierte Emile Senden in einem Tagebuch. Für den 26. April 1945 hielt er einen Besuch im ehemaligen Krematorium fest. Dort lagen noch immer Knochen und Aschereste sowie Leichen verstorbener KZ-Häftlinge: „Waren im Krematorium und haben uns die Leichen angesehen, richtige Gerippe, von Deutschen in diesem Konzentrationslager ausgehungert.“
(Marvin Keitel)
Quelle: Emile Senden, Unveröffentlichte Tagebucheintragungen (KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora).
Literatur: Jens-Christian Wagner (Hg.), Konzentrationslager Mittelbau-Dora 1943-1945. Begleitband zur ständigen Ausstellung in der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, Göttingen 2007.