#otd1945.04.30
Stigma „Berufsverbrecher“
Am 30. April 1945 konnte der befreite KZ-Häftling Walter Brinkmann in seine Heimatstadt Braunschweig zurückkehren. Wegen mehrerer kleinkrimineller Delikte hatte ihn die Kriminalpolizei im November 1943 in das KZ Buchenwald eingewiesen. Dort registrierte ihn die SS als „Berufsverbrecher“ und schickte ihn kurz darauf nach Dora. Mit einem Todesmarsch kam er im April 1945 nach Bergen-Belsen, wo ihn britische Truppen befreiten.
In den 1950er Jahren beantragte Walter Brinkmann Entschädigung für seine Haftzeit in den verschiedenen Konzentrationslagern. Als „Berufsverbrecher“ wurde ihm die Anerkennung als NS-Opfer jedoch verwehrt. Seine Anträge auf Haftentschädigung wurden abgelehnt.
Entschädigungszahlungen wurden ausschließlich Häftlingen gewährt, die wegen politischer Gegnerschaft oder aus „Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung“ verfolgt worden waren. Die als „Berufsverbrecher“ Stigmatisierten waren daher von Entschädigungen ausgeschlossen. Erst 2020 erkannte der Deutsche Bundestag sie als NS-Opfer an.
(Anett Dremel)
Quelle: Bundesentschädigungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG), 1953.
Literatur: Dagmar Lieske, Unbequeme Opfer? „Berufsverbrecher“ als Häftlinge im KZ Sachsenhausen, Berlin 2016.