#otd1945.05.01
Die Parade der Überlebenden

Ganz Paris schien an diesem 1. Mai 1945 auf den Beinen zu sein. Es war der erste Maifeiertag in Freiheit, nach dem Ende der deutschen Besatzung. Organisiert von der Arbeiterbewegung zogen Demonstrationszüge durch die Stadt. Obwohl in Deutschland noch gekämpft wurde, war es auch ein Fest des Sieges über den Nationalsozialismus.

Um die Mittagszeit zogen 150 aus den Konzentrationslagern befreite Widerstandskämpfer in einer Parade über die Prachtstraße Champs-Élysées zum Grab des unbekannten Soldaten am Triumphbogen. Angeführt wurden sie von hochrangigen Kommandeuren der Résistance, allesamt Überlebende der KZ Buchenwald, Mittelbau-Dora und Bergen-Belsen. Mit ihnen marschierte auch der 26-jährige Paul Butet, der erst wenige Stunden vorher Paris erreicht hatte: „Am Straßenrand standen viele Menschen. Die Menge war verblüfft und zu Tränen gerührt, die ‚Überlebenden‘ aus den Lagern vorbeiziehen zu sehen. Ich bin sicher, dass keiner von uns mehr als fünfzig Kilo wog.“

(Michael Löffelsender)

Literatur: André Sellier, Zwangsarbeit im Raketentunnel. Geschichte des Lagers Dora, Lüneburg 2000.