#otd1945.04.01
Sportabend im KZ
Am Ostersonntag, dem 1. April 1945 organisierten Funktionshäftlinge im Außenlager Harzungen des KZ Mittelbau-Dora ein Abendprogramm zu ihrer Unterhaltung. Auf dem Programm standen 15 Boxkämpfe unter Häftlingen sowie Musik- und Varietéeinlagen. Es war der letzte derartige „Sportabend“ vor der Räumung des Lagers drei Tage später.
Der Überlebende Jean Mialet berichtete davon, dass Boxen in den letzten Monaten des Lagers ein „Modesport“ gewesen sei. Ihm selbst half diese Mode beim Überleben: Ein Funktionshäftling wies ihn an, die Wände seiner Baracke mit Bildern von Boxern zu verzieren. So konnte Jean Mialet drei Wochen im Winter 1945 im Warmen bleiben, während die meisten Häftlinge bei Bauprojekten für eine geplante, aber nie fertiggestellte Untertagefabrik von Junkers schuften mussten.
Diese Häftlinge erfuhren vermutlich nie vom Sportabend am Ostersonntag. Auch innerhalb des Konzentrationslagers trennte sie ein unsichtbarer Zaun von den wenigen Funktionshäftlingen.
(Karsten Uhl)
Quelle: Jean Mialet, Haß und Vergebung. Bericht eines Deportierten, Berlin u. Bonn 2006.
Literatur: Jens-Christian Wagner, Produktion des Todes. Das KZ-Mittelbau-Dora, 3. Aufl., Göttingen 2015.