#otd1945.01.07
Sonntags in Schlieben
Mehr als 2300 Häftlinge des Außenlagers Schlieben, Männer und Frauen, zogen an diesem Sonntag in die Munitionsfabrik. Weitab von den Zielorten alliierter Bomber produzierte die Hugo-Schneider-AG (HASAG) hier die Waffe für den „Endkampf“, die Panzerfaust, Ziel: eine Million Stück im Monat. Koste es, was es wolle. Häftlinge, in der Mehrzahl Juden, Sinti und Roma, wurden dafür zu Tode geschunden. Seit 13 Wochen arbeiteten sie auch sonntags, täglich zwölf Stunden.
Der Überlebende Marian Filar erinnerte sich später an den mörderischen Arbeitsalltag: „In Schlieben wird der flüssige Sprengstoff in den Kopf der Granate gefüllt. […] Die Deutschen, die dort arbeiteten, hatten Gasmasken, einen freien Tag und spezielles Essen, aber die Häftlinge bekamen nichts. Die Dämpfe, die aus den Bottichen kamen, töteten dich. Zuerst bekam deine Haut das gleiche Gelb wie die Chemikalie […]. Schließlich warst du zu krank, um zu arbeiten – und du bist gestorben. Dann setzten sie einen anderen Gefangenen an deinen Platz.“
(Harry Stein)
Quelle: Marian Filar u. Charles Patterson, From Buchenwald to Carnegie Hall, Jackson 2002.