#otd1945.04.16
Schuldabwehr

1 000 Männer und Frauen aus Weimar mussten am 16. April 1945 auf Befehl des Kommandeurs der III. US-Armee, General Patton, Buchenwald besichtigen. Befreite Häftlinge und US-Soldaten konfrontierten sie dort mit den Beweisen für die Verbrechen. Sie zeigten ihnen das Elend des Kleinen Lagers, Folterinstrumente, menschliche Präparate aus der Pathologie des Lagers, die Öfen des Krematoriums und die Leichname toter Häftlinge.

Die amerikanische Fotografin Margaret Bourke-White beobachtete das Aufeinandertreffen der Überlebenden mit der Weimarer Bevölkerung: „Als die Zivilisten immer wieder riefen: ‚Wir haben nichts gewusst! Wir haben nichts gewusst!‘ gerieten die Ex-Häftlinge außer sich vor Wut. ‚Ihr habt es gewusst‘, schrien sie. ‚Wir haben neben Euch in den Fabriken gearbeitet. Wir haben es Euch gesagt und dabei unser Leben riskiert. Aber Ihr habt nichts getan.‘“ Wenige Tage später bestritten die Repräsentanten der Stadt jede Schuld der Bevölkerung an den Verbrechen.

(Michael Löffelsender)

Quelle: Margaret Bourke-White, Deutschland. April 1945. “Dear Fatherland rest quietly”, München 1979.

Literatur: Volkhard Knigge u.a. (Hg.), Buchenwald. Ausgrenzung und Gewalt 1937 bis 1945, Göttingen 2016.