#otd1945.02.13
Quer durch die Stadt

Kolonnen marschierender KZ-Häftlinge gehörten in Witten-Annen schon länger zum Stadtbild. Im September 1944 hatte die SS dort im Ruhrgebiet ein Außenlager des KZ Buchenwald für die Ruhrstahl AG eingerichtet. Neben Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen beutete die Betriebsleitung des örtlichen Gussstahlwerks nun auch KZ-Häftlinge aus.

Wie jeden Tag trieben SS-Männer auch am 13. Februar 1945 Hunderte Häftlinge in Fünferreihen über belebte Straßen quer durch die Stadt zum Werk. Doch auf mehr als traurige Blicke konnten die Häftlinge nicht hoffen, wie sich der Franzose Albert Chambon später erinnerte:

„Auf der Straße […] wurden wir auf dem Weg zur Fabrik von zehn- bis zwölfjährigen Kindern, die Steine nach uns warfen, beleidigt und mit geballten Fäusten bedroht. Doch Jacques sagte mir, dass er einen alten Deutschen am Fenster gesehen hatte, der beim Anblick unseres armseligen Trupps traurig den Kopf schüttelte, als wolle er sagen: Also wirklich, so ein Elend!“

(Michael Löffelsender)

Quelle: Albert Chambon, 81490, Paris 1961.

Literatur: Ralph Klein, Das KZ-Außenlager in Witten-Annen. Geschichte, städtebauliche Nutzung und geschichtspolitischer Umgang seit 1945, Berlin 2015.