#otd1945.05.03
Letzte Notizen
Am 3. Mai 1945 befand sich der 34-jährige Isidoor Mols aus Antwerpen immer noch in den Händen der SS. Am 10. April hatte sie ihn zusammen mit Tausenden Häftlingen aus Buchenwald in verdreckte, offene Kohlewaggons gepfercht. Das Ziel Theresienstadt hatte der Transport nach über drei Wochen noch nicht erreicht.
Isidoor Mols führte Tagebuch in Form von Briefen an seine Frau Isabella. Sie zeugen von der Angst, dem Hunger, dem Durst, der Hoffnung, dem Sterben und dem körperlichen Verfall. An diesem Tag notierte er mit Bleistift in sein kleines Notizheft: „Wer von uns weiterlebt, dem geht es schlechter als vorher. Meine zwei Freunde sind tot. Die Sterberate erreicht im Moment eine unglaubliche Quote. Ich fühle mich besser seit einigen Stunden, obwohl wir praktisch nichts zu essen bekommen. Gestern drei rohe Kartoffeln, heute – es ist schon fünf Uhr – wieder nichts.“
Drei Tage später erreichte der Zug Theresienstadt. Für den an Typhus leidenden Isidoor Mols kam jede Hilfe zu spät. Er starb am 11. Mai 1945. Freunde retteten sein Tagebuch und übergaben es seiner Witwe.
(Michael Löffelsender)
Quelle: Isidor Mols, Letzte Notizen. Tagebuch auf dem Evakuierungstransport von Buchenwald nach Theresienstadt, eingeleitet von Katrin Greiser, in: Dachauer Hefte 22 (2006), S. 99-105.
Literatur: Katrin Greiser, Die Todesmärsche von Buchenwald. Räumung, Befreiung und Spuren der Erinnerung, Göttingen 2008.