#otd1945.02.26
Kinderverse aus Buchenwald

In einem behelfsmäßigen Büchlein hielt ein Junge durch Verse und Zeichnungen seine Erfahrungen fest. Es ist ein kindlicher Blick auf eine inhumane Welt. „Warst du im Lager Buchenwald, da oben ist es gar so kalt“, so der Anfang des Gedichts vom 26. Februar 1945. Verfasser war Johann Stojka, ein 15-jähriger österreichischer Rom.

Nach der Auflösung des „Zigeuner-Familienlagers“ in Auschwitz-Birkenau kam er mit seinem jüngeren Bruder Karl im August 1944 nach Buchenwald. Dort hatte die SS für die jüngsten und schwächsten Sinti und Roma keine Verwendung und stellte einen Rücktransport zur Ermordung zusammen. Johann und Karl blieben zurück, da vermeintlich krank und somit „nicht transportfähig“. Diese Einstufung rettete beiden das Leben.

Hoffnungsvoll endet das Gedicht mit den Worten: „Wir kommen doch noch einmal raus“. Die Brüder gehörten zu den wenigen ihrer Großfamilie, die den Genozid an den Sinti und Roma, den Porajmos, überlebten.

(Stefan Lochner)

Literatur:

Mongo Stojka, Papierene Kinder. Glück, Zerstörung und Neubeginn einer Roma-Familie in Österreich, Wien 2000.

Karl Stojka u. Reinhard Pohanka, Auf der ganzen Welt zu Hause, Wien 1994.