#otd1945.01.14
Jazz im KZ Buchenwald

Die tägliche Buchenwald-Statistik zählte an diesem Sonntag fast 89.000 Häftlinge. 71 starben, Tausende warteten in Quarantäne oder lagen todkrank in den provisorischen Krankenrevieren. 29 000 Häftlinge in den 77 Außenlagern mussten auch an diesem Sonntag zwölf Stunden arbeiten. Nur im Stammlager gab es so etwas wie einen arbeitsfreien Sonntag. Am Nachmittag strömten fast tausend Männer in den Kinosaal zum Konzert, hundert gingen nach der Pause, weil ihnen die Musik nicht gefiel. Den anderen gab sie Mut und Kraft. Es spielte die Jazz-Band „Rhythmus“.

Gegründet 1944 von Tschechen und Franzosen, um der brutalen Welt des Lagers wenigstens für den Moment zu entfliehen, probten die Mitglieder der Big Band einzeln, im Verborgenen. Viele aus ihrem Umfeld halfen. Manchmal ließ die SS Konzerte an Sonntagen zu. So hörten die Gefangenen in Buchenwald Jazz, und nicht wenige wussten, dass diese Musik außerhalb des Lagers als „entartet“ diffamiert und bekämpft wurde.

(Harry Stein)

Literatur: Guido Fackler, Jazz im KZ. Ein Forschungsbericht, in: Wolfram Knauer (Hg.), Jazz in Deutschland. Darmstadt 1996, S. 49-91.