#otd1945.05.06
Gedenkfeier in Lehnstedt

An diesem Sonntag, dem 6. Mai 1945, zwei Tage vor Kriegsende, versammelten sich 350 Menschen am Ortsausgang von Lehnstedt bei Weimar zu einer Beerdigung. Die geschlossene Teilnahme daran – so der Bürgermeister und Ortsbauernführer vorher in einem Aushang – würde als Beweis dafür gelten, dass man an den Verbrechen der „SS-Bestien“ nicht mitschuldig sei. Viele kamen.

Vier Wochen zuvor, am 7. April, hatten Häftlinge eines Todesmarsches aus dem Konzentrationslager Buchenwald in einer Scheune im Dorf übernachtet. Sie erhielten weder Wasser noch Brot, Mitleid ließen die SS-Männer und ansässige Nationalsozialisten nicht zu. Nachts schoss die SS in die dicht zusammengedrängten Menschen. 16 Ermordete, in der Mehrzahl Juden, ließ sie auf einem benachbarten Feld verscharren.

Befreite Buchenwaldhäftlinge, die Anfang Mai in das Dorf kamen, forderten schließlich, die Toten auszugraben, zu identifizieren und zu beerdigen. Zehn bekannte Nationalsozialisten aus dem Dorf mussten das tun.

(Harry Stein)

Literatur: Katrin Greiser, Die Todesmärsche von Buchenwald. Räumung, Befreiung und Spuren der Erinnerung, Göttingen 2008.