#otd1945.01.16
Frostbeulen an Händen und Füßen
Minus acht Grad zeigte das Thermometer an diesem Abend, seit Wochen herrschte tiefer Frost. Trotzdem zogen über 1 000 Frauen des Außenlagers Markkleeberg zu Zwölf-Stunden-Schichten in das Junkers-Werk. Ihre Mäntel aus Bergen-Belsen lagen im Magazin, nur zweiteilige Anzüge aus schlechtem Stoff durften sie tragen. Miriam Porat erinnert sich:
„Diese Arbeitsanzüge wärmten überhaupt nicht, aber die langen Hosenbeine schützten doch etwas die Beine und Füße […]. Wir hatten keine Handschuhe, und als wir ins Freie gingen, steckten wir die Hände in die Taschen unseres Anzuges. Aber wehe uns, wenn wir einem SS-Wärter begegneten und nicht sofort stillstanden und die Hände aus den Taschen zogen.“
Auch die Quartiere blieben kalt, weil die SS die Kohle für sich behielt. An Tuberkulose litten viele der Frauen bereits. Nun kam noch etwas anderes hinzu: Frostbeulen an Händen und Füßen.
(Harry Stein)
Quelle: Miriam Anna Porat, Nicht befreit. Erinnerungen aus der Zeit des Holocaust, Düsseldorf 1993.
Literatur: Irmgard Seidel, Markkleeberg, in: Wolfgang Benz u. Barbara Distel (Hg.), Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 3, München 2006, S. 520-523.