#otd1945.02.08
Flucht aus dem Lageralltag
Um der qualvollen Realität zu entfliehen, fertigte die junge Polin Maria Brzęcka im Außenlager Meuselwitz Zeichnungen an. Die Lebensbedingungen in diesem Buchenwalder Frauenlager waren schrecklich: Gewalt, Ungeziefer, Hunger und Zwangsarbeit bis zur Erschöpfung.
Ein winziger Bleistift und Abfallpapier aus der Rüstungsfabrik ermöglichten es der 14-Jährigen zu zeichnen: „Ich versetzte mich in eine andere Welt“. Dort gab es Würde, Selbstbestimmtheit und Anmut. In ihren Zeichnungen setzte sie die Erzählungen ihrer älteren Mitgefangenen über das Leben vor dem Krieg um. Themen waren das Theater, die Oper oder Mode – für die KZ-Häftlinge unerreichbar. Wiederholt zeichnete sie glamouröse Frauengestalten, wie am 8. Februar 1945.
Im Zuge der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes war Maria mit ihrer Mutter und zwei Schwestern im August 1944 verschleppt worden. Auschwitz, Ravensbrück und schließlich Meuselwitz folgten. Alle vier überlebten und kehrten nach Warschau zurück.
(Stefan Lochner)
Quelle: Maria Kosk (geb. Brzęcka), Aus den Schließfächern der Erinnerung, Manuskript 1999 (Gedenkstätte Buchenwald).