#otd1945.04.12
Ermordet vom Volkssturm

In der Nacht zum 12. April 1945 passierte ein Treck mit Häftlingen aus dem KZ Buchenwald mit ihren Bewachern Großlöbichau, östlich von Jena. Die Lage war unübersichtlich: Die Kolonne war in kleine Gruppen zerfallen, Gebrüll und Schüsse halten durch die Dunkelheit. Mehrere Dutzend Häftlinge flohen. Sie versteckten sich, während die SS die Kolonne weitertrieb.

Am Morgen ergriffen Dorfbewohner Geflüchtete oder verrieten sie an die Behörden. Der Lehrer Paul Müller, NSDAP-Kreisleiter in Jena und Kommandeur des lokalen Volkssturms, befahl ihre Erschießung. In einem Steinbruch ermordeten hierauf Angehörige des Volkssturms über 20 Häftlinge. Weitere Erschießungen folgten. Die Schützen waren ganz normale Männer aus Jena.

Insgesamt ermordeten sie an diesem Tag etwa 30 Häftlinge. Ihre Leichen verscharrte man notdürftig. Paul Müller setzte sich nach dem Massaker mit seinem Stab ab, seine Volkssturmeinheit lief auseinander.

(Michael Löffelsender)

Literatur: Marc Bartuschka, Das Massaker in Großlöbichau am 12. April 1945, in: Ders. (Hg.), Nationalsozialistische Lager und ihre Nachgeschichte in der StadtRegion Jena. Antisemitische Kommunalpolitik – Zwangsarbeit – Todesmärsche, Jena 2015, S. 271-291.