#otd1945.03.07
Das Herz des Chemia Gottlieb

Die Buchenwalder SS trieb 905 jüdische Männer am 7. März 1945 in das Desinfektionsgebäude des Lagers. Sie waren die Überlebenden eines Räumungstransports aus Außenlagern des KZ Groß-Rosen, unter anderem aus Hirschberg, dem heutigen Jelenia Góra. Jeder Vierte war unterwegs umgekommen.

Einer der Männer war der 24-jährige Chemia Gottlieb. In Hirschberg hatte er sich ein Herzamulett angefertigt. Damit etwas von ihm blieb, falls er nicht überlebte, hatte er unter anderem seinen Namen und auf der Rückseite sein Geburtsdatum eingeritzt. Im Desinfektionsgebäude nahm man es ihm ab. Mit den übrigen letzten Habseligkeiten der Männer aus Hirschberg landete es auf dem Müll. Erst in den 1990er-Jahren entdeckten es Jugendliche bei archäologischen Grabungen.

Chemia Gottlieb und seinen Zwillingsbruder Dawid brachte die SS auf die Baustellen von Ohrdruf. Beide überlebten. Ohne von dem Fund seines Amuletts erfahren zu haben, starb Henry Gotlieb, wie Chemia nun hieß, im Alter von 80 Jahren in New York.

(Michael Löffelsender)

 

Literatur: Fred Wander, Der siebente Brunnen, Göttingen 2005.