Felix von Jugend für Dora
(ehemaliger Zivildienstleistender)Felix leistete seinen Zivildienst in der Gedenkstätte Mittelbau-Dora und engagiert sich im Verein Jugend für Dora.
Zur KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora kam ich über meinen Zivildienst. Die Arbeit in der pädagogischen Abteilung ermöglichte es mir nicht nur, mich selbst intensiv mit dem Ort auseinanderzusetzen, sondern auch, dieses Wissen an viele Menschen weiterzugeben. Die Arbeit mit Besuchern aus ganz Deutschland, aus ganz Europa und gelegentlich auch weit darüber hinaus hat mich dabei stark beeindruckt. Ihre verschiedenen Perspektiven auf diesen Ort und der Austausch darüber sind für mich bis heute eine prägende Erfahrung. Neben der pädagogischen Arbeit gehören die Begegnungen mit den Überlebenden der Konzentrationslager zu den wichtigsten Erfahrungen meines Lebens. Diese Begegnungen waren in den letzten Jahren überwiegender Teil meiner Aktivitäten im Verein Jugend für Dora. Vor allem während der Jahrestage der Befreiung, die eine ganz besondere Zeit für alle Teilnehmer waren, war ein Zusammentreffen mit den Überlebenden möglich. Immerhin leben diese heute auf der ganzen Welt: von Australien, über Russland, Frankreich bis in die USA. Über Jahre konnte ich so Überlebende und deren Familien begleiten und mit ihnen nach all den Jahren gemeinsam wieder die Orte ihres Leidens besuchen. Eine Erfahrung, die ich nicht vergessen werde.
Doch Jahrestage sind längst nicht nur die Besuche der Orte, die Veranstaltungen, sie sind vor allem eine tolle gemeinsame Zeit, in der man eine intensive und sehr persönliche Erfahrung mit vielen großartigen Menschen machen kann: Es wird gemeinsam gegessen, getrunken und stundelang geredet. Die wenigen Tage im Jahr sind Leben unter dem Brennglas. Die begrenzte Zeit könnte kaum intensiver sein. Der Anlass, die Umstände und die gemeinsam erlebten Emotionen sorgen oft für eine Situation, die unglaublich persönlich ist. Und dies mit Menschen, die man nur wenige Male im Leben getroffen hat. Dabei sind die Jahrestage keineswegs von Traurigkeit geprägt. Die Toten betrauern, das Leben feiern und für die Zukunft kämpfen – vielleicht trifft es dieser Dreiklang am besten.
Um dies mit einer Anekdote zu verdeutlichen: Ich saß bei einer Veranstaltung im Theater neben dem ehemaligen niederländischen Widerstandskämpfer Leo Fonteijn, den ich einige Jahre begleiten durfte. Leo fragte mich kurz vor Beginn, ob ich wüsste, warum die Nazis ihn nicht getötet hätten. In meinem Kopf ging ich die Fachliteratur durch und zählte auf, welche Umstände es im Lager ermöglicht hätten usw. – gefühlt stammelte ich eine Ewigkeit vor mich hin. Leo ließ mich reden, um dann den Grund etwas prägnanter als ich zusammenzufassen: „Because I´m so funny“. Er starb 2014. Ich werde diese Menschen, diese Zeit nie vergessen. Warum ist sie wichtig für mein Leben? Sie hat mir klar gemacht, für welche Gesellschaft es sich zu engagieren gilt und gegen welche Bestrebungen ich kämpfen werde.