#otd1945.04.10
Handlungsspielräume

Kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner befahl SS-Untersturmführer Erich Scholz am 10. April 1945 die Räumung der Lager der IV. SS-Baubrigade in Ellrich-Bürgergarten und Günzerode. Bereits vier Tage zuvor hatte sich Scholz rund 200 jüdischer und weiterer 150 kranker KZ-Häftlinge entledigt. Sie wurden mit einem Räumungstransport fortgeschafft, der in Gardelegen in einem Massaker endete.

Die verbliebenen 1 000 Häftlinge trieb die SS am 10. April zu Fuß durch die Orte Sülzhayn, Benneckenstein und Stiege über den Harz. Anders als bei anderen Räumungstransporten kam es während der folgenden Tage nicht zu Gewaltexzessen an den Häftlingen. Schläge und Erschießungen durch die SS sind nicht bekannt. Schon in der ersten Nacht gelang etwa 50 Häftlingen die Flucht. Auch später flohen immer wieder Männer, ohne dass Jagd auf sie gemacht wurde.

In Güntersberge im Harz entließ Scholz schließlich am 14. April 1945 die Häftlinge. Einen Tag später ergab er sich mit anderen SS-Angehörigen und einigen Kapos den amerikanischen Truppen.

(Anett Dremel)

Literatur:

Jens-Christian Wagner, Ellrich 1944/45. Konzentrationslager und Zwangsarbeit in einer deutschen Kleinstadt, Göttingen 2009.

Joachim Neander, Das Konzentrationslager Mittelbau in der Endphase der NS-Diktatur, Clausthal-Zellerfeld 1999.